Balkan sind immer die anderen : Transnationales in Anna Baars Erzählungen

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25 mai 2023

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Emmanuelle Terrones, « Balkan sind immer die anderen : Transnationales in Anna Baars Erzählungen », HAL-SHS : littérature, ID : 10670/1.auy44v


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Im Erzählungsband Divân mit Schonbezug (2022, Wallstein) nimmt Anna Baars autofiktionale Erzählerin ein Gespräch mit einem Taxifahrer in Teheran zum Anlass, Erinnerungen hochkommen zu lassen sowie Reflexionen zu ihrer pluralen Identität. Die in Zagreb geborene und in Klagenfurt aufgewachsene Erzählerin verkörpert die „Auslandskroatin“ (34) schlechthin, die Geschichten und „Schattenbilder“ (15) aus Österreich und aus dem ehemaligen Jugoslawien miteinander verflicht, mehrere Sprachen beherrscht und in ihre Erzählungen einfließen lässt, und in deren Kinderherz der „Orient gepflanzt wurde“ (14).„Balkan ist Seelenwiege“ heißt es poetisch in einer der Erzählungen. Sind die Kindheitsgeschichten und Geschichten der dalmatinischen Großmutter dementsprechend von Empfindungen und Gefühlen stark geprägt, so wird dieser innere nuancierte Blick auf einen durchaus bunten Balkan durch den Blick von außen – meistens die österreichische Perspektive „ihrer eigenen Leute“ – ausbalanciert, nämlich den Blick auf „die da von unten, [...] weder Brüder noch Freunde, und eigentlich nicht einmal echte Europäer“. (17) So entsteht auch bei der Erzählerin eine Vorstellung des Balkans als das „innere Andere“ (Todorova 1997), was in den Erzählungen auch auf individueller Ebene so viel heißt wie eine zu verschweigende Identität, die sie zu einem ewigen Fremdsein verurteilt. Doch gerade von den mit einer solchen pluralen Identität einhergehenden Schwierigkeiten profitiert ihr Schreiben. Anna Baar schöpft aus ihren von Diskriminierung, Scham, Ort- und Sprachlosigkeit gekennzeichneten Erinnerungen und Erfahrungen genug Erkenntnisse und Kühnheit, um sich mit der heutigen Welt – trotz Titels – schonungslos, „ehrlich und furchtlos“ (8) auseinanderzusetzen, namentlich mit dem Weiterwirken von Rechtsextremen, der Ankunft von Flüchtlingen in Europa oder dem allgemeinen Schweigen gegenüber Verbrechen. Aufgezeigt werden soll, inwiefern ihre Literatur ihrer eigenen Vorstellung entsprechend „den Sprachlosen Worte gibt und Gegenentwürfe schafft“ (Baar, Klagenfurter Rede 2022) und dabei zu einer transnationalen Literatur beiträgt, welche eine womöglich neue Vorstellung des Balkans herauskommen lässt.

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