2001
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Jeanne Benay, « Genie und Könner in Karl von Holteis dramaturgischen Reflexionen », Recherches Germaniques (documents), ID : 10.3406/reger.2001.1246
Außer den Poetologien gibt es zahlreiche andersartige Werke, selbst Nebentexte (Memoiren, Vorworte, Nekrologe...), die Ästhetisches vehikulieren. Solche dramaturgischen Betrachtungen kommen als „Charpie“ in dem Œuvre des Schlesiers Karl von Holtei (1798-1880), die bis heute unberücksichtigt blieben, vor (Lorbeerbaum und Bettelstab, Beiträge Jur das Königstädter Theater, Über unser heutiges Theaterwesen, Vierzig Jahre...). Als Dramatiker, Schauspieler, Vorleser und Kulturvermittler hatte Holtei Gelegenheit, sich vom Theoretischen und vom Praktischen („Volksästhetik“) her ein Bild vom Genie und vom Könner zu machen und so an der allgemeinen Debatte über diese Entitäten in dem historischen, ökonomischen, literarischen neuen Kontext der Spät- und Nach-Goethe-Zeit teilzunehmen. Verdankt Holtei noch einiges dem Ideengut des 17. und 18. Jahrhunderts und einer Volksästhetik, so geht er auch von Erfahrung, von Kategorien wie „Dramatisches“/ „Theatralisches“, Mischung, Offenheit, Breite, von der Trias Bühne/Schauspieler/ Zuschauer aus und überwindet dadurch meistens die Gegenpole Rationalismus/ Irrationalismus. Dies erlaubt ihm, ein pluridimensionales Geniebild vorzuschlagen und den Könner aufzuwerten, zu einer Zeit, wo das Genie an Bedeutung eingebüßt hatte und wo der Könner hochkritisch als subliterarisch ignoriert oder tabuisiert wurde. Das Ganze mündet in eine doppelte, effiziente, über die Moderne hinausweisende Kommunikationsästhetik mit gemischtem Repertoire.