1976
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Adrien Finck, « Hermétisme et Protestation. À propos de l’œuvre de Georg Trakl », Revue d'Allemagne et des pays de langue allemande (documents), ID : 10.3406/reval.1976.2134
Hermetik und Protest Diese Trakl-Studie faßt Ergebnisse einer französischen thèse de doctorat d’Etat zusammen. Trakls Werk wird in seiner chronologischen Entwicklung, in seiner widerspruchsvollen Spannung zwischen Verfall und Verwandlung dargestellt. Der Schwerpunkt der Interpretation liegt in der Herausarbeitung der kulturgeschichtlichen Situation, der anti-bürgerlichen Haltung des Dichters, die den Bedeutungsgehalt des Werks bestimmt. Trakls Hermetik wird als leidvoil erlebter Protest erfaßt, der nicht zum Engagement führt, sondern zur Isolierung der dichterischen Sprache in ästhetischer Konstruktion, zur äußersten Abweichung von der Norm der Mitteilungssprache. Trakl erscheint in einer Reihe von Dichtem, die (schon deutlich seit dem 18. Jahrhundert, dann besonders mit den «poètes maudits») eine Gegenkultur des Irrationalen, des Ästhetischen, der Innerlichkeit vertreten. In gesellschaftspolitischer Sicht mag dieser Protest als Pseudo-Radikalismus gelten. Doch bewahrt der Dichter eine Spannung, die ihre Lösung nicht auf der Ebene des Sozialen und ökonomischen findet, die das Trieb- und Kulturleben in einem umfassenderen Sinne betrifft, und es stellt sich die Frage, ob von diesem Protest nicht die größere Beunruhigung ausgeht. Trakl bezeichnet sich schließlich selbst als Sühneopfer. Die Studie hebt in dieser Haltung des Dichters das scharf ausgeprägte Bewußtsein des historischen Moments hervor, den er unter dem Zeichen der hereinbrechenden Apokalypse des Weltkriegs empfand. In der Selbstaufopferung (im «Sich-Verbluten») scheint für ihn auch die letzte Möglichkeit des Dichtens und Sich-Mitteilens gelegen zu haben. Die völlige Abwesenheit der Mitteilung bedeutet Wahnsinn. Der Dichter, dessen Sprache und Existenz von der Norm abweichen, stellt sich selbst als den «Wahnsinnigen» dar. Doch stellt das Gedicht dabei die Forderung auch an den Leser, die Mitteilung zu ermöglichen, d.h. daß der Leser dazu beitragen muß, die Bedingungen zu verändern, die zum «Wahnsinn» führten.