2017
Cairn
Jean Laplénie, « Entre « concessions en profondeur » et « dédommagement ». Krokowski, personnage complexe et stratégique dans La Montagne magique », Études Germaniques, ID : 10670/1.d10fad...
In einem kurzen Aufsatz (1925) über sein „uneinfach[es]“ Verhältnis zur Psychoanalyse legt Thomas Mann nahe, dass in seinem jüngsten Werk, dem Zauberberg, die Figur des Krokowski eine „Schadloshaltung für tiefere Zugeständnisse“ sein könnte, die er „im Inneren seiner Werke der Psychoanalyse“ gemacht hätte. Somit wäre diese Figur nicht nur als solche, das heißt aus dem Blickwinkel der Charakterisierung, zu untersuchen, sondern als Strategie innerhalb der „künstlerischen Ökonomie“ des Romans. Dass Krokowski mehrmals mit dem Höllenrichter Minos metaphorisch identifiziert wird, lässt ihn als Meister sowohl der labyrinthischen Raumstruktur und der zyklischen Zeit des Sanatoriums, als auch der dort geltenden Normen und Theorien erscheinen: Er spielt namentlich eine Schlüsselrolle im kontrastreichen Aufeinanderfolgen von Szenen, in denen abwechselnd Verwerfung bzw. Verleugnung der Psychoanalyse, oder – besonders in Traumszenen – eben die eigentliche Gültigkeit ihres Erklärungsmodells inszeniert wird. Bei diesem Spiel, in dem im Text sowohl Bestätigung der Freudschen Theorien („tiefere Zugeständnisse“) als auch kritische oder satirische Attacken auf sie („Schadloshaltung“) zu Wort kommen, und das im Diptychon der Abschnitte Hippe und Analyse besonders offensichtlich wird, steht Krokowski im Mittelpunkt und stellt zugleich die Möglichkeit und die Grenzen einer psychoanalytischen Lektüre des Romans dar. Durch den strategischen Umgang mit dieser Figur wird einerseits die Anlehnung an psychoanalytisches Wissen teilweise unkenntlich gemacht, andererseits ein Spielraum der Interpretation des Textes eröffnet.